50x50x50 ART SÜDTIROL 2011

Festung Franzensfeste

21.05. - 09.07.2011

 

Die Idee, den Südtirolern ihre Künstler in einer großen Übersichtsausstellung vorzustellen, hat sich als richtig erwiesen. Vielen Südtirolern und vielen Gästen Südtirols wird bewusst, wie viele hervorragende Zeitgenössische Künstler hier leben und arbeiten. Die Anerkennung für die von diesen Künstlern geschaffenen Werke ist bei vielen deutlich gewachsen. Das Empfinden, dass Kunst zu einem Lebensbaustein jedes einzelnen gehören kann, hat sich verstärkt.

„Kunst öffnet diesen tiefen, lebendigen und freien Ort

in uns selbst, der nötig ist, um uns als Menschen

zu erkennen und gegenseitig zu achten."

 

Hartwig Thaler

Künstlerischer Leiter

Künstler 50x50x50 ART SÜDTIROL 2011
Künstler 50x50x50 ART SÜDTIROL 2011

liebe alle,

erstmal möchte ich meine freude zum ausdruck bringen und euch allen danken.

es war ein aufregendes wochenende auf der festung und die stimmung war super, wir sind die sonne, und die scheint auf der festung! die kunst findet ihren weg.

ich war am samstag und sonntag dort und es waren viele besucher da und sind durch die räume gewandelt. der eigene, mystisch, manchmal „antrische“ ort mit der eigenen, individuellen kunstexplosion eines jeden einzelenen, hat wirkung bei den menschen gezeigt.

                                                                                    unsere räume beflügeln sich gegenseitig, danke dafür!

 

                                                                              Lissy Pernthaler

                                                                              Künstlerin der 50x50x50 ART SÜDTIROL 2011

OFFSPACE FRANZENSFESTE

von Sabine Gamper


„Das Neue, was die Kunst als Avantgarde gesellschaftlicher Entwicklungen deren Nutznießern anzubieten hat, sind nun nicht mehr neue Konzeptualisierungen und Abstraktionen, neue technologische Strategien oder neue Formen der Unterhaltung, sondern neue Milieus, die für die Erneuerung des Arbeitsprozesses nützlich sein können“                  (Diedrich Diederichsen)


Dass Künstler sich autonom organisieren und sich ihre Ausstellungen selber machen, ist an sich keine neue Vorgangsweise im Ausstellungswesen, sondern bereits seit den frühen Avantgarden immer wieder Praxis, mal mehr mal weniger. Suprematisten, Futuristen und Dadaisten schufen aus einer Ablehnung durch die etablierte Kunstszene heraus aufsehenerregende Ausstellungen, die außerhalb des Kunstbetriebes stattfanden und nach dem Motto funktionierten, Kunst und Leben mehr miteinander zu verknüpfen. Die Wiener Secession (der Name sagt es schon) ist z.B. so eine Einrichtung, die ursprünglich als vom offiziellen Kunstbetrieb abgespaltener Ort auf Künstlerinitiative hin entstand, genauso wie das Zürcher Cabaret Voltaire der Dadaisten. Die Neo-Avantgarden der 60er Jahre, also die ersten Vertreter der Performance, Video- und Konzeptkunst, vertraten den Anspruch, außerhalb des etablierten Kunstgeschmacks durch provokante Positionen künstlerische und gesellschaftliche Konventionen in Frage zu stellen. Dieser immanent politische Anspruch hat sich heute zunehmend im Sinne einer Institutionskritik gewandelt, ist teilweise aber auch purer Notwendigkeit gewichen, dem sehr limitierten offiziellen Ausstellungswesen zu entgehen, und autonom neue Möglichkeiten zu schaffen, die eigenen Arbeiten auszustellen bzw. jenseits des herrschenden hierarchischen Kultursystems tätig zu werden. Seit den 90er Jahren hat sich in Europa eine sehr weit verbreitete kulturelle Praxis der selbstorganisierten Ausstellungstätigkeit herausgebildet, die sich unter der Bezeichnung „Offspace“ (im angloamerikanischen Raum „artist-run-space“) etabliert hat, wobei normalerweise abseits vom „main buisseness“ agiert wird.

 

Diese Idee der autonomen Künstlerinitiative ist es, die wir bei 50x50x50 wiederfinden. Was die Künstler hier durchaus anstreben, das ist – neben dem legitimen Wunsch Auszustellen – weniger die Rebellion als vielmehr eine größere Flexibilität des Systems und das Erreichen einer breiten Öffentlichkeit, welche nicht durch die üblichen Strategien und Vernetzungen bzw. die üblichen Hierarchien des offiziellen Kunstbetriebes bzw. Kunstmarktes definiert ist. Im besten Falle könnte es so gelingen, neue Netzwerke zu kreieren, die durch größere Flexibilität gekennzeichnet sind. Bereits in den letzten Jahren haben in Südtirol vereinzelt immer wieder von Künstlern organisierte autonome Initiativen außerhalb der üblichen Orte und Strukturen stattgefunden, wie z.B. das Projekt „Grundlos Glücklich“, bei dem sich Künstler in Bruneck aus Mangel an zur Verfügung stehenden Ausstellungsräumen ihren Kunst-Ort durch das Positionieren von gewöhnlichen Baucontainern mitten im Zentrum der Stadt selber geschaffen haben. Auch das Projekt „Local to Local“ der Künstlergruppe „Institut für alpine Angelegenheiten“, die einen leerstehenden Bauernhof in Flaas bei Jenesien als Ausstellungsort umfunktionierten, entstand komplett autonom im Rahmen der „parallelevents to Manifesta7“ in Eigenregie der KünstlerInnen, genauso wie „[un]defined - Merano Arts Festival“, organisiert von der Künstlergruppe „modular-t.org“ (allerdings in Anlehnung an die institutionelle Unterstützung durch kunst Meran) oder der „Skulpturenwanderweg Lana“, eine Künstlerinitiative von „Lana Art“, sowie das Projekt „scalini 84 Stufen“ des Vereins „Lurx“ im Naturraum am Brenner, um nur einige hervorragende Beispiele zu nennen.

Das Land Südtirol hat für die Austragung von Manifesta7 2008 und die darauffolgende Landesausstellung 2009 die Infrastruktur Franzensfeste mit beträchtlichem finanziellem Aufwand als gigantischen Ort der Kultur herrichten lassen und hat nun eher die Sorge, wie diese Räumlichkeiten auch in Zukunft nachhaltig mit Kultur gefüllt werden könnten. Da sollte eine Eigeninitiative von einer beträchtlichen Anzahl von Südtiroler Künstlern, die teilweise durchaus bereits Ausstellungspraxis haben, nicht ungelegen kommen – möchte man meinen. Dass diese Initiative nicht ohne Schwierigkeiten auf die Beine gestellt werden konnte, da spielt vermutlich neben der Tatsache, dass man es schlichtweg nicht gewohnt ist, wenn Künstler in unserem Lande autonom ohne offiziellen Träger und öffentliche Finanzierung tätig werden, auch der Umstand eine Rolle, dass die Franzensfeste sich als zukünftiger Ort der Kultur erst etablieren muss. Ein Loslassen und Zulassen einer autonomen Szene erscheint demnach ungewohnt bzw. beherbergt immer auch ein gewisses Risiko, zumal man dieser Initiative eben landeseigene Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Dass 50x50x50 trotz fehlender finanzieller Unterstützung durch die öffentliche Hand stattfand, das haben wir dem Umstand zu verdanken, dass eine schier unglaubliche Anzahl an privaten Förderern sich von diesem Ausstellungsprojekt überzeugen ließen, eine sehr beachtliche Tatsache die eine intensivere Reflexion verdient hat.


Der Initiator der Veranstaltung Hartwig Thaler hat im Rahmen einer geladenen Ausstellung an die 80 ihm bekannte Südtiroler Künstler mittleren Alters angefragt, an der von ihm konzipierten Ausstellung teilzunehmen. Wahrgenommen haben die Einladung dann ca. die Hälfte davon, teils bereits sehr erfolgreiche Künstler, eine große Anzahl aber auch Künstler, die bisher kaum ausgestellt haben, bzw. – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht oder nur am Rande im institutionalisierten Kunstbetrieb vertreten waren. Die Grundidee des Projektes ist auf jeden Fall jene, einen sehr demokratischen, unvoreingenommenen Blick auf ein zeitgenössisches Kunstschaffen unseres Landes zu legen. Eine von außen kommende kuratorische Betreuung der Ausstellung war demnach nicht gewollt, selbst die Möglichkeit, eine noch unbekannte und nicht etablierte Generation junger Kuratoren zu involvieren, wurde nicht vorgesehen, um eben jedes wie immer geartete Auswahlverfahren auszuschließen. Die Künstler präsentieren demnach ihre Werke nach eigenen Vorstellungen, wobei das Augenmerk naturgemäß auf den je eigenen Umgang zwischen dem Werk und der durchaus anspruchsvollen räumlichen Situation in der Festung gelegt wird, die zweifelsohne in jeder einzelnen Situation eine große, meiste sehr gelungene, Herausforderung darstellte.

 

Was diese Idee nicht gewährleisten kann, ist die Konzeption des Projektes als Gesamtschau anhand einer abgestimmten Vernetzung der einzelnen Positionen untereinander. Was aber diese Schau durchaus gewährleistet, das ist der erfrischende und neue Einblick in eine ganze Reihe von künstlerischen Positionen, die z.T. bisher zu wenig Beachtung fanden, und schon alleine aus diesem Grunde können solche Initiativen nicht hoch genug geschätzt werden, da sie für viele Künstler auch eine Möglichkeit darstellen, sich im Rahmen eines unvoreingenommenen Ambientes der öffentlichen Kritik zu stellen und eine Orientierung in Bezug auf die eigene Positionierung als Künstler in einem breiteren Kontext zu bekommen. 50x50x50 ist aber genauso eine große Bereicherung für die heimische Kunstszene, da sie einem breiten Publikum eine freie und spannende Entdeckungsreise durch eine teils noch nicht so bekannte aber absolut spannende und beachtliche zeitgenössische Kunstproduktion unseres Landes ermöglicht.

 

Von autonomen Kunstprojekten in den Peripherien größerer Städte weiß man, dass alternative Szenen durchaus in der Lage sind, anhand von neuen und frischen Veranstaltungen öde Orte bzw. brachliegende Räume neu zu beleben, das hat aber auch die unerwartet hohe Besucheranzahl von 50x50x50 bewiesen. Einige der Südtiroler Institutionen haben sich selber bereits seit einiger Zeit auf diesen Weg gemacht, und ihre Häuser den jungen, unkonventionellen Initiativen geöffnet. Vielleicht gelingt in der eher sperrigen und keinesfalls leicht erreichbaren Kulturstruktur Franzenfeste durch eine inhaltliche und institutionelle Öffnung hin zum Experimentellen ein erfolgreiches Modell zu schaffen, wie unterschiedlichste Formen kultureller Tätigkeit auf fruchtbare und sich gegenseitig bereichernde Weise neben- und miteinander existieren können. Denn wenn Kultur für Raumentwicklung eine Rolle spielen soll, dann kann das nur eine nachhaltige Kultur sein, eine die selber zum Weiterwachsen fähig ist, und nicht durch Anleitung von oben mühsam von Projekt zu Projekt erkämpft werden muss. Aber vielleicht gelingt es gerade hier abseits der gefestigten Szenen, neue Konzepte, neue Netzwerke und neue Kooperationen wachsen zu lassen. Jedenfalls wäre dies als Gegenmodell zur historischen Funktion des Gebäudes als bedrückende militärische Einrichtung ein nicht uninteressanter Gedanke.

 

 

Hartwig Thaler hat die Idee und das Konzept der Biennale 50x50x50 Art Südtirol entworfen und ist ihr Künstlerischer Leiter.

Träger der Ausstellung 50x50x50 allen alles 2021 sind das Landesmuseum Festung Franzensfeste und der Verein OPPIDUM Franzensfeste.   

 

L’idea della biennale 50x50x50 Art Südtirol è stata concepita da Hartwig Thaler, che ne è il direttore artistico.

La mostra 50x50x50 tutto per tutti 2021 è stata realizzata in collaborazione con il museo provinciale Forte di Fortezza e con l’associazione Oppidum di Fortezza.