Hartwig Thaler
Eröffnungsrede 50x50x50 Freiräume 2019
Über die Freiheit der Kunst wird viel und gerne gesprochen. In Wahrheit aber ist sie sehr bedroht. Händler, Kuratoren und Einflüsterer der Kunst sind vielfach zu Erfüllungsgehilfen von Kapitalinteressen geworden. Mit medialer Übermacht versuchen sie darüber bestimmen, was wir als Kunst wahrzunehmen haben. Lobbygesteuerte Netzwerke versuchen ein engmaschiges Netz der Zensur über die Kunstproduktion zu legen und das ihnen nicht Genehme aus dem öffentlichen Blickfeld zu drängen. Und das mit beträchtlichem Erfolg. Wie anderes, frage ich sie, ist es möglich, dass ein öffentliches Kunstmuseum wie jenes in Bozen, die hier verankerte Künstlerschaft fast zu 100 % ausschließt, so als müsste man sich ihrer Werke schämen.
Die „50x50x50 FREIRÄUME“ gibt den Künstlerinnen und Künstlern jene Freiräume, die die Kunst zum Atmen braucht.
Sie braucht Freiräume. Innere, um eigenen und allgemeinen Bedürfnissen nachzuspüren, äußere, um das zu tun, wozu sie aufgerufen ist, neue Möglichkeiten des individuellen und des gesellschaftlichen Lebens und Träumens anzuzeigen.
Ich habe viel Unsinn darüber gehört, was Kunst muss oder darf oder soll. Verkaufssprüche oder gewollte Vereinnahmungen, die mich zutiefst langweilen. Keiner hat darüber zu bestimmen, was Kunst muss oder darf oder soll. Kunst schöpft aus dem Freien.
Sie ist der Freiraum schlechthin, den es zu verteidigen gilt.
Kunst braucht vor allem unser Vertrauen.
Und dieses Vertrauen verdient sich, weil sie immer für den Menschen und das Leben eintritt, indem sie die große, weite Wunderlichkeit und den unerhörten Wert jedes Einzelnen und alles Lebendigen für ihre Betrachter erahn- und erfahrbar macht.
Freuen Sie sich mit mir auf die Kunstwerke in den Freiräumen der Festung Franzensfeste. Erfahren sie ihre verwandelnde Kraft, die wir dank der Künstlerinnen und Künstler der 50x50x50 Freiräume hier erleben dürfen.
Hartwig Thaler, 08. Juni 2019, Festung Franzensfeste
Der Verein OPPIDUM Franzensfeste mit dem Präsidenten Thomas Klapfer
Auszug Katalogtext
Wäre Kunst nutzbar, würde man sie nutzen können, man würde sie nutzbar machen können, einem Programm für Effizienzsteigerung unterwerfen, man würde sie konsumieren können und bald würde man einfach vergessen, was sie einmal war.
Nur lässt Kunst sich nicht gebrauchen.
Nicht, weil sie eine Widerstandsbewegung ist.
Einen Widerstand formuliert die Kunst nur durch sich selbst und durch ihre eigene Potenzialität.
Was nicht heißt, dass die Kunst nicht doch auch benutzt und eingesetzt wird.
So, wie etwa die Angst benutzt und eingesetzt wird.
Nur die Angst nimmt zu und wird größer und größer, wird sie benutzt und eingesetzt.
Die Kunst aber, setzt man sie nutzbringend ein, wird kleiner und kleiner und hört am Ende auf zu sein.
Die Kunst schöpft aus dem Freien. Angst schöpft aus dem Unfreien.
Zwar kann Kunst auch Angst machen, aber Angst macht keine Kunst.
Angst macht die Kunst höchstens fertig.
Wenn dieselbe Angst, oder auch die Ängstlichkeit über die Kunst regiert, dann herrschen sehr schwache Potenzen über eine sehr große; dann herrschen Sachzwänge, beschworen wie Naturgesetze, Pragmatismus und das Prinzip der Notwendigkeit, das mit einer freien Potenz wie der Kunst einfach nichts anzufangen weiß.
Dann aber hört die Kunst auf zu sein.
Maxi Obexer
aus „Die Freiheit Kunst zu sein " – Text Katalog der 50x50x50 Freiräume 2019
Träger
die Ausstellung 50x50x50 FREIRÄUME
wird vom Landemuseum Festung Franzensfeste
und dem OPPIDUM VEREIN Franzensfeste getragen.
Geamtleitung
Assistenz